Prof. Dr. Bernhard Fresacher

Texte

Kontroversen an der Spitze des organisierten Katholizismus erzielen nach wie vor einen gewissen Sensationseffekt – zumindest in der daran interessierten Medienöffentlichkeit. Zugleich irritieren sie das auf Einheit getrimmte katholische Gemüt.

Ist Gott ein anderes Wort für Naturgesetze oder für Allmachtsfantasien oder für Trost? Oder deutet dieses Wort auf eine Lücke hin, einen Platzhalter, eine Unbekannte?

Offenbarung im Singular ist in der semantischen „Sattelzeit“ des 19. Jahrhunderts zu einem Prinzip der Theologie avanciert, konfessionell katholisch zur Sicherung kirchlicher Autorität gegenüber wissenschaftlicher Kritik, in Form eines „ekklesialen Offenbarungszirkels“.

Die Moderne gesteht der Religion eine eigene Rationalität zu, im Unterschied zu anderen, aber ohne Verfügung über diese anderen und ohne Anspruch auf eine Überordnung.

Das moderne katholische Bildungsverständnis orientiert sich heute primär an den mit der europäischen Aufklärung in wissenschaftlicher Pädagogik und staatlichen Verfassungen implementierten Zielen einer ethisch an der Menschheit ausgerichteten individuellen Selbstbestimmung in Freiheit.

Die Katholische Kirche diskutiert ihre Sicht auf die Realitäten gelebter Liebesbeziehungen. Dieser Diskussion ist ein beherzter Griff in die eigene theologische Tradition zu wünschen. Er könnte helfen, das Auf und Ab intimer Liebe als einen Ort göttlicher Offenbarung wieder zu entdecken. Dazu lädt dieser Beitrag für Christ & Welt aus Anlass der kirchlichen Arbeitsrechtsreform ein.

Die Theologie teilt das Interesse an Kommunikation mit anderen. Dieses Interesse trägt die Signatur der modernen globalisierten Mediengesellschaft. Was nicht kommuniziert wird, und wer nicht kommuniziert, kommt nicht vor.

Die eigentümliche Einheit des Unterschieds von göttlichen und nicht göttlichen Eigenschaften, die das Christentum für Jesus Christus im Unterschied zu anderen Religionen beansprucht, gehört ohne Zweifel zu den erklärungsbedürftigsten theologischen Figuren.

Gerade mit Blick auf die Jugend wird die Moderne heute als Suchbewegung beschrieben, in der jedem Menschen individuell zugemutet wird, sein eigenes Leben zu bestimmen. Die größte Befürchtung besteht darin, das Eigene könnte sich als Kopie herausstellen. Religion erscheint als eine Möglichkeit, um zu zeigen, dass man anders ist.

„Wer glaubt, hört auf zu denken!“ So lautet, kurz und bündig auf einen Satz gebracht, einer der religionskritischen Haupteinwände gegen das Christentum – und im Prinzip gegen jede Religion: aufgeklärte Menschen glauben nicht an Wunder, sie glauben nicht an übernatürliche Kräfte.

An der Gottesrede scheiden sich die Geister: an der Rede von Gott und der Rede im Namen Gottes. Seit jeher üben Äußerungen, die Gott im Munde führen, Formen, in denen Gott zu Wort kommt, nicht nur sprachliche, sondern auch Bilder, Töne, Räume, Gesten, Handlungen, eine eigene Macht aus.

Die Religion braucht den Humor. Denn Lachen beflügelt den Geist, entschärft Konflikte und wirkt antifundamentalistisch. Der Fundamentalismus versteht keinen Spaß.

Dass Paar- und Familienbeziehungen heute selbstverständlich auf Liebe gründen – und zwar im romantischen Paradigma – bringt sowohl neue Freiheiten als auch neue Bedrängnisse. Mit dieser Situation unlösbar verbunden ist ebenso die neue Bedeutung von Religion. Sie ordnet nicht mehr die Individuen in ein metaphysisch abgesichertes ontologisches Ganzes ein, sondern die Individuen ordnen ihrerseits Religion in ihr biografisch angelegtes Ganzes des eigenen Lebens ein.

Vom Ende einer Ritualmord-Tradition im österreichischen Tirol berichtet mein Buch „Anderl von Rinn. Ritualmordkult und Neuorientierung in Judenstein 1945-1995“. Der vollständige Text ist nun hier verfügbar.

Dass die Religion Menschen und Kulturen entzweit, dafür gibt es immer weniger Verständnis in unserer Welt heute. Die Trennungen, die vom Religiösen ausgehen und unter denen die Religionen leiden, sorgen für Ängste und Befürchtungen. Das religiöse Gefühl lässt sich leicht erhitzen und das fromme Wort sich leicht zum Exzess gebrauchen. Weil es ums Ganze geht, treibt es auseinander …

Zur Rekonstruktion der kommunikativen Rationalität des christlichen Glaubens orientiert sich die Theologie bis heute weitgehend an philosophischen Theorien vornehmlich des Dialogs und des kommunikativen Handelns. Im Vordergrund steht die face-to-face-Interaktion und nicht die Medienkommunikation, obwohl Schrift und Tradition maßgeblich für das Christentum sind. Dieser Beitrag unternimmt den Versuch, den kommunikationstheoretischen Horizont der Theologie zu weiten. Gegenüber einer Betonung von…

Lea und Helena, 12 Jahre, machten sich in ihrer Schule Gedanken darüber, was die Gründe sein könnten, warum kaum noch junge Leute sonntags in der Kirche anzutreffen sind: ungünstige Zeiten, veraltete Lieder und Gebete, langweilige Predigten eher für die ältere Generation, zu lange Gottesdienste. Andererseits könnte man sich in der Kirche in Geduld, Aufmerksamkeit und Ruhe üben.

Seit jeher üben Äußerungen, die Gott im Mund führen, eine eigene Macht aus. Sie nehmen die höchste Autorität für sich in Anspruch. Wie zweischneidig sich dieser Anspruch auswirken kann, zeigt die Religionsgeschichte: Man hat Krieg damit geführt und Trost damit gespendet.

Wer in der organisierten Kirche zu arbeiten beginnt, macht möglicherweise eine überraschende Erfahrung: Die Organisation ist nicht in der Weise auf Theologie angewiesen, wie man es erwarten könnte. Die Entscheidungen, die zu treffen sind, kommen weitgehend ohne sie aus. Interessanterweise ist sie gerade deswegen aber keineswegs bedeutungslos.

Religion nach Geschmack? Die Sinus-Milieu-Studien 2006 und 2008 für die katholische Kirche in Deutschland fordern mit ihrer marktorientierten Sicht zur theologischen Reflexion heraus. Ist ästhetische Attraktivität ein Maßstab des christlichen Glaubens? Wie soll er sonst auf Resonanz stoßen?

In der Antike und in der Aufklärung geriet Religion in den Verdacht, dumm zu sein, weil sie der Freiheit des Geistes widerspreche. Heute wird Religion auch als klug beschrieben, weil sie der Intelligenz der Natur bzw. der Gesellschaft entspreche.

Unsere Kultur sieht Gemeinschaft typischerweise im Mahl symbolisiert. Das berühmte Bild von Leonardo da Vinci ist fest im kulturellen Gedächtnis verankert, so fest, dass z.B. die Werbung sich ironisch darauf beziehen kann. Was aber ist Gemeinschaft? Worin besteht ihr Sinn? Wie ist sie möglich unter den Kommunikationsbedingungen der modernen Gesellschaft heute?

Entfesselt die Jugend, und „ihr werdet mit ihr das Leben befreit haben“! Lebt wie Originale einer „ersten Generation“ und „vergesst den Aberglauben, Epigonen zu sein“! Dieser Appell Nietzsches ist längst in unserer Gesellschaft heute angekommen. Niemand von uns will alt werden, alle wollen wir jung bleiben, weil Jugend Vitalität verspricht.

Erst im 20. Jahrhundert wurde das der Liturgie seit alters vertraute Verständnis der Kirche als populus (Dei) in der Ekklesiologie wieder aufgenommen. „Volk Gottes“ ist ein Trierer Thema. Mit ihm sind in der Vergangenheit vor allem zwei Namen verbunden: Mannes Dominikus Koster und Ignaz Backes

„Das viele Büchermachen nimmt kein Ende, und das viele Studieren ermüdet den Leib.“ Diese Warnung steht in der Bibel: am Ende von Kohelet. Sie setzt ihrerseits voraus, dass sie gelesen wird. Doppelte Ironie der Schrift! In diesem merkwürdigen Medium „Schrift“ steckt aber noch viel mehr drin. Es eröffnet eine weitaus raffiniertere Welt, als wir uns normalerweise ausmalen. Was ist das für eine Welt?

Todgesagte leben länger. Das trifft auf die Familie ebenso zu wie auf die Religion. Noch mehr: Die Familie scheint ein religiöser Faktor zu sein und umgekehrt die Religion ein familienproduktiver. Mit der Familie kehrt die Religion wieder – und mit der Religion die Familie. Stimmt das?

Nach dem Heidelberger Katechismus ist „die Meß im Grund nichts anders denn eine Verleugnung des einigen Opfers und Leidens Jesu Christi … und eine vermaledeite Abgötterei“. Die Kritik der Reformation am römischen Messopfer ist vielfältig, wie eine Erinnerung an ihre Väter Luther, Melanchthon, Zwingli und Calvin zeigt.

Ein Schlagwort, das im Zusammenhang der Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert immer wieder auftaucht, lautet „Vergangenheitsbewältigung“. Was kann mit diesem Wort sinnvollerweise gemeint sein? Kann damit überhaupt ein gelingendes Verhältnis des Menschen zu seiner Herkunft beschrieben werden? Die folgenden Ausführungen sollen u.a. zu diesen Fragen einen Beitrag leisten.

In der christlichen Tradition gehört seit der Antike der Verzicht auf sexuelle Liebe zum asketischen Ideal. Was hat es mit diesem Verzicht „um des Himmelreiches willen“ auf sich? Wie verhalten sich Eros und Askese zueinander? Ein paar ausgewählte Blicke in die Tradition des christlichen Mönchtums sollen Antworten geben.